Das Sanierungskonzept

Wenn ein altes Gebäude nicht vollständig umgenutzt werden soll, etwa in ein Wohn-oder Lagerhaus, gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: entweder den ursprünglichen Zustand zu rekonstruieren oder das Erhaltene zu konservieren und, wo nötig, sinnvoll und sichtbar zu ergänzen.

Der Träger- und Förderverein ehemalige Synagoge Obernbreit e.V.  hat zusammen mit dem Landesamt für Denkmalpflege  die letztere Option gewählt. Deshalb wurde nichts geschönt und nichts verputzt, ergänzt oder übermalt. Erhalten blieben neben den spärlichen Resten aus der Synagogenzeit auch die Spuren der Nutzung zwischen 1912 und 2005.

Der Toraschrein stand in einer Art Erker, der in das heutige Nachbargrundstück hineinragte. Erker und Schrein wurden nach dem Ende der Kultusgemeinde entfernt. Die Lücke schloss man mit (gealterten) Backsteinen. Eine in diesem Wandabschnitt eingelassene Tür wurde erst im Zuge der jetzigen Umbaumaßnahmen (neue Backsteine) zugemauert. Alle Innenwände sehen so aus wie sie 2005 vorgefunden wurden. Farbspritzer, Löcher und sonstige Beschädigungen zeigen die Einflüsse verschiedener Funktionen des Gebäudes (Scheune, Reparaturwerkstatt, Lagerhalle).

Ein Tonnengewölbe schloss ursprünglich den Betsaal nach oben ab. Die Abdrücke der Lattenunterkonstruktion waren an den Sparren noch deutlich zu sehen. Dieser Abschluss wurde dadurch rekonstruiert, dass an Stelle eines Verputzes nur Latten die ursprüngliche Form andeuten. Entfernt wurde nur ein massiver Stahlträger mit Laufkatze aus der Zeit der Nutzung als Reparaturwerkstatt. Er hätte die Sicht auf das Tonnengewölbe über dem ehemaligen Betsaal erheblich beeinträchtigt. Stümpfe des Doppel-T- Trägers an der Nord- und Südwand markieren die Stelle. Die Frauenempore war 2005 völlig entfernt. Um die Raumwirkung wieder herzustellen, wurden an deren Stelle erhöht moderne Arbeitsplätze für Seminare eingebaut und in deren Abgrenzung zum ehemaligen Betsaal ein Großbildschirm integriert.

Von der ursprünglichen oder letzten Farbgebung der Synagogenwände ist nur wenig übrig: der Halbkreis über der Ostwand, Farbreste am Balken oberhalb der Frauenempore,  an Teilen der Decke darüber, ein umlaufender Fries an den Fenstern und der Deckenkante, ein großer Rußfleck, der die Lage des  Kamins der Küche zeigt, die letzte von 23 festgestellten Farbschichten (ein mit einer Walze aufgetragenes Muster) an der Westwand.

Das Türblatt war geschützt durch eine dünne Mauer innen und außen und hat so 100 Jahre mit relativ geringen Schäden überdauert. Das dazu gehörige Schloss fehlt leider, die übrigen Beschläge sind original. Original sind auch Teile der Sandsteinplatten des ursprünglichen Fußbodens des Betsaals, die nach Rückbau der Zementtragschicht wieder freigelegt wurden.

Nach dem Grundsatz, Eingriffe und Umgestaltungen seit 1912 sollen ablesbar bleiben und nur, wenn unbedingt nötig, zu Gunsten des Urzustandes zurückgebaut werden, wurde auch außen verfahren. So blieben die beiden Schiebetore erhalten, obwohl sie jetzt keine Funktion als Werkstatttore mehr haben. An der Nordfassade wurden dagegen die Glasbausteine und Vermauerungen an den Fenstern entfernt und ihre ursprüngliche Größe und Transparenz wieder hergestellt, da dies zur Belichtung des Betsaals nötig war. In die Öffnung eines großen Werkstattfensters wurde der heute von der Straße sichbare Schaukasten eingelassen.