Highlight zum Jahresende

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David Sanger, Chefkorrespondent der New York Times, besuchte die Heimat seiner Vorfahren. Er ist einer der bekanntesten amerikanischen Journalisten: Er gewann zahlreiche Preise für seine journalistischen Arbeiten, darunter mit seinem Team mehrfach den Pulitzerpreis. Zurzeit lebt und arbeitet er im Auftrag seiner Zeitung zwei Monate in Berlin. Seine Vorfahren lebten in Obernbreit, deshalb nahm er sich die Zeit, mit Frau und Sohn den „kleinen fränkischen Ort“ zu besuchen, wo Nachkommen der Familie Sänger bis 1933 ein gut gehendes Textilgeschäft hatten.1942 wurden sie von hier aus deportiert.

Zwei Mitglieder des Träger- und Fördervereins ehemalige Synagoge Obernbreit e.V. führten die Familie durch den Ort und die ehemalige Synagoge. Beginn war die neu errichtete Stele, wo die Gäste ergriffen und in Trauer vor den dort verzeichneten Namen der Sängerbrüder standen, die so brutal aus ihrer Heimat gerissen worden waren. Sie waren die letzten aus der Sänger-Generation in Obernbreit.

Da ein weiterer Verwandter 1935 eine Familienchronik der Sängers verfasst hat, die eine wichtige Quelle für unser Wissen über die Synagoge und die Gebräuche der jüdischen Familien zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist, stand neben dem ausgiebigen Besuch der ehemaligen Synagoge eine Tour durch den Ort zu den Plätzen, die in der „Sängerchonik“ erwähnt sind, auf dem Programm: die Häuser des Schächters, der jüdischen Schule und das, in dem die vorgekochten Mahlzeiten während des Sabbatgebets warm gehalten wurden. Und natürlich ein ausführlicher Fototermin vor dem Haus, wo bis in die dreißiger Jahre das Geschäft der Sängers war, auch wenn von dem damaligen Zustand nichts mehr zu erkennen ist. 

Bei einem gemeinsamen Mittagessen stand die Gegenwart im Mittelpunkt - und die Obernbreiter waren die Lernenden, die einen Einblick in die amerikanische Politik aus erster Hand erhielten, zumal David Sanger im Dezember einen Artikel über die Sicht Amerikas zum Krieg in der Ukraine veröffentlichte und ein Studienkamerad von US-Außenminister Anthony Blinken ist.

Für die Familie Sanger war die Fahrt von Berlin nach Obernbreit und ihr Aufenthalt in der Heimat ihrer Vorfahren nach ihren Aussagen ein nachhaltiges Erlebnis, wofür sie sich ergriffen und wortreich bedankten.

Der Besuch war aber auch für den Verein, seine Mitglieder und Unterstützer ein Zeichen, wie wichtig es ist, dass Juden in Deutschland sich wohlfühlen können, trotz immer wieder aufflammenden antisemitischer Anfeindungen. Für den Verein ist es ein Auftrag, sich weiter dafür einzusetzen, dass die Geschichte der Juden in Obernbreit nicht vergessen wird.