Engagierte Schülerinnen und Schüler gestalten eine besondere Geschichtsstunde

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„Mutige Mädchen schreiben Geschichte“ hatten sich die Religionsklassen Katholische Religionslehre 9a/9b mit Frau Studiendirektorin Dorothee Weiß zum Thema einer szenischen Lesung in der ehemaligen Synagoge Obernbreit gewählt.

Ein Schüler vermittelte eine knappe historische Einordnung des Briefes, der die Grundlage der Lesung war: Eine Mädchenklasse hatte am 7. Sept. 1942 diesen Brief geschrieben, nachdem in der Schweizer Presse bekannt geworden war, dass eine Gruppe jüdischer Flüchtlinge von den Schweizer Grenzbeamten nach Deutschland und somit ins KZ zurückgetrieben worden war.

Den Brief lasen die Schülerinnen und Schüler abschnittsweise mit verteilten Rollen und dazwischen sorgfältig ausgewählten Musikstücken vor. Zwar hatten die Mädchen damals geschrieben „Wir sind empört“, aber ein klassischer Protest war er nicht, sondern eine Bitte an die Herren Bundesräte um Menschlichkeit. Sie zeigen Empathie und begründen ihre Bitte im Wesentlichen mit Hinweisen auf christliche Grundwerte und Bibelzitate und fassen ihr Anliegen zusammen „Der Wille Gottes ist es bestimmt nicht, keine Juden aufzunehmen.“
Der Brief hatte eine ungeahnte Wirkung: Am 23. Oktober 1942 befragte eine ad hoc gebildete Kommission unter Leitung des Schulratspräsidenten eine der Schülerinnen. Die Marktbreiter Gruppe arbeitete die infame Taktik der Fragen und die erfrischend offenen und knappen Antworten der Schülerin mit Sensibilität und Gespür heraus. Erst tut der Befrager so, als ob er den Inhalt noch nicht kenne; dann will er mögliche Quellen oder Helfer eruieren. Erst versucht er, die Autorinnen als naive unreife Kinder abzuqualifizieren, und schließlich konstruiert er aus einer Passage des Briefes eine Beleidigung des Bundesrates. Wer die Methoden der Gestapo und der Stasi kennt, dem musste sich die Parallele geradezu aufdrängen.
Am Ende des Protokolls über das Verhör ist vermerkt: „Die Schülerinnen wurden vom Vorsteher dazu verhalten, über das Vorgefallene Stillschweigen zu bewahren.“ Das scheint 1942 in der Schweiz gelungen zu sein. Am Gymnasium Marktbreit hat eine Gruppe engagierter Gleichaltriger mit ihrer Lehrerin sich nicht daran gehalten. Das zahlreich erschienene Publikum verabschiedete die Gruppe und Frau Weiß mit verdientem Applaus. Die Zuhörer selbst blieben aufgewühlt und nachdenklich zurück. Und wer an diesem Abend noch die Nachrichten hörte mit dem Deal zum Schutz der Außengrenzen der EU, wird wohl noch mehr Grund gehabt haben, nachdenklich zu sein.