Die „Goldenen Zwanziger“ - Ein Tanz auf dem Vulkan

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Das Trio Sousi und die Grammophoniker (Gesang, Sousaphon und Akkordeon bzw. Ukulele) versetzte das Publikum in der ehemaligen Synagoge in die Goldenen Zwanziger. Was man früher nur von der Grammophonplatte oder im Radio hören könnte, gab es hier live: anzügliche Couplets, Charleston und schmissige Chansons.

Auch wenn die Texte viel von ihrer Frivolität („Ich hab‘ das Fräulein Helen baden seh‘n“), Aktualität, wie die Ballade auf den Massenmörder Haarmann („Warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir“), oder einfach den Spaß an Leichtigkeit („Mein Papagei frisst keine harten Eier“) verloren haben, die Melodien haben ihre Kraft erhalten. Das bewies auch die Reaktion der Gäste an diesem Abend. Hände, Füße, der ganze Körper wippte bei vielen im Takt der Stücke mit. Sicher hätte die Mehrzahl des Auditoriums die Melodien mitsingen können, wenn auch nicht in der Brillanz der Sopranistin.

Der Abend und die Terminologie von den „Goldenen Zwanzigern“ hat vergessen lassen, dass „Die Zwanziger“ nur für wenige Zeitgenossen und für die Nachgeborenen golden waren. Für die Mehrzahl der Deutschen war es die Zeit der Hyperinflation, der Massenarbeitslosigkeit, politischer Morde und des Erstarkens von Nationalsozialismus und Antisemitismus. Von den Autoren der Texte oder der Melodien des Konzerts starb einer im KZ Dachau, einer konnte noch rechtzeitig emigrieren und einer erhielt in der Dreißigern Veröffentlichungsverbot.

Das Trio wurde mit langanhaltendem Applaus verabschiedet, nachdem es noch in Reverenz an den Genius Loci das jiddische Lied gab „Und als der Rebbe singt, singen alle Chassidim“

Wer zu Hause noch die Spätnachrichten mit der Besorgnis des Bundespräsidenten wegen antisemitischer Ereignisse hörte, erinnerte sich an das Stück gegen Hitler und die Naziideologie mit dem Satz „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ (Brecht, Epilog Arturo Ui).