Aron Benario - Fuhrunternehmer – Firmengründer - Gemeinderat

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Ein Kapitel aus der jüdischen Geschichte Obernbreits

Es war nicht nur die Schwüle, die Besucher am Sonntagabend in die relative Kühle der ehemaligen Synagoge lockte, sondern das Thema des Abends: eine Lesung aus der Autobiographie des jüdischen Unternehmers Aron Benario aus Obernbreit. Und sie wurden nicht enttäuscht. Sprecherin Angela Nusko und Diethart Bischof in der Rolle des Porträtierten stellten die Stationen eines jüdischen Lebens vor. Der als halber Waise ohne richtige Schulbildung aufgewachsene Junge wurde zum Fuhrunternehmer, der beim Bau der Eisenbahn in der Region eine wesentliche Rolle spielte, indem er das Material für den Dammbau lieferte. Danach gründete er ein konkurrenzloses Eisenwarengeschäft in Obernbreit.

Besonders wertvoll machen seine Aufzeichnungen Reflexion vieler Details aus der „großen Politik“, die die Zuhörer in die Welt des 19. Jahrhunderts versetzten. So berichtet er über die Rolle eines kleinen Ladens bei der Vereinheitlichung der Währung nach der Gründung des Deutschen Zollvereins, oder den Ausbruch des Antisemitismus nach der Revolution von 1848. Aber auch die örtlichen Verhältnisse bleiben nicht unerwähnt: die Arbeitszeiten beim Hausbau, die Arbeit des Gemeinderats, in den er als erster Jude gewählt wurde, und auch über die kleinen Reibereien in der dörflichen Gemeinde.

Mitgenommen wurde das Publikum besonders durch die spannende Inszenierung. Wo historische Illustrationen fehlten, wurden sie durch Bilder ersetzt, die Matthias Walz mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erzeugt hatte. Musik vom Tonträger sowie live gespielt und gesungen von Josef Nusko bereicherten die Darbietung zusätzlich.

Gegen Ende seines Lebens zog Aron Benario eine sehr ambivalente Bilanz. Er verkaufte sein Geschäft in Obernbreit. Ein Sohn gründete das bis in die 1930er Jahre bestehende Kaufhaus Benario in Marktbreit.

Um die 40 Gäste im Alter von 12 bis 92 Jahren dankten mit langem Beifall für den aufschlussreichen Abend. Zahlreiche Publikumsfragen im Anschluss zeugten vom großen Eindruck, den die Veranstaltung gemacht hatte. Einen Extra-Applaus bekam Friedrich Heidecker, der die Lesung vorbereitet und inszeniert hat.